Risiko - wie ich es sehe

Wenn ich so die verschiedenen Blogs, Zeitschriften und Kommentare lese, wird immer wieder auf das Risiko hingewiesen. Nun frage ich mich, was ist denn DAS Risiko? Natürlich gibt es unzählige Abhandlungen und Definitionen über das Risiko (und ein Brettspiel übrigens auch), aber ich betrachte das Risiko aus meiner Sicht.

 

Viele sehen immer das größte Risiko in den Kursschwankungen. Aber gilt das so für einen Dividendeninvestor? Ich habe z. B. 82 Coca-Cola Aktien im Depot. Ob der Kurs nun bei 40 € oder 50 € steht, hat das keine Auswirkungen. Im Depot sind 82 Aktien, nicht mehr und nicht weniger. Es werden an der Börse jeden Tag eine Unmenge an Kurse festgestellt, sind deshalb  die Tagesschwankungen schon ein Risiko für mein Investment, oder doch nur die Schlusskurse oder die Monatskurse? Solange ich nicht gezwungen bin, zu verkaufen, habe ich weder einen Verlust erlitten, noch einen Gewinn erzielt. Dann kommt immer das Argument: "Na was ist, wenn sich der Kurs halbiert, dann hast du aber mächtig daneben gelangt." Ich sage dann immer, dass das ein ziemlicher Unsinn sei, denn ich kriege meine Dividende alle 3 Monate (82 Aktien bleiben eben nun mal 82 Aktien) und voraussichtlich erhöht sich diese auch noch jedes Jahr. Ich kann überlegen wie ich will, ich finde kein einziges Argument, warum Kursschwankungen ein Risiko für mein Investment sein sollen. Eigentlich sind Kursschwankungen und damit verbunden niedrigere Kurse eher Chancen. Ich kann ein meiner Ansicht nach gutes Investment günstig aufstocken.

 

Habe ich daher gar kein Risiko? Natürlich besteht immer ein Risiko, aber das ist eine reine Betrachtungsweise. 

 

Das größte Risiko ist die Insolvenz einer meiner Beteiligungen. Dann ist die Investition praktisch wertlos und das investierte Kapital verloren. Sozusagen der Worst Case.

 

Die nächste unangenehme Situation ist, wenn das Unternehmen Probleme hat und die Dividende komplett streicht. Ist das Management jedoch in der Lage, das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen und langfristig wieder Dividenden zu zahlen, wäre das eine ziemliche Durststrecke, aber das Investment würde sich wieder erholen.

 

Dann wäre da noch die Möglichkeit, das die Dividende gekürzt, aber nicht ganz gestrichen wird. Auch nicht sonderlich schön, aber nicht ganz so dramatisch wie z. B. eine Insolvenz.

 

Meine Erwartungen bauen darauf aus, dass die Dividende jedes Jahr erhöht wird. Da kommen die letzten beiden Varianten ins Spiel. Die Dividende bleibt gleich oder die Erhöhung fällt geringer aus als geplant. Dies ist aber noch kein Grund, an meinem Investment zu zweifeln. Da gilt es einfach abzuwarten, das Unternehmen zu beobachten und erst dann zu reagieren, wenn keine Besserung möglich erscheint. Wie z. B. bei E.ON oder RWE, die durch die Politik regelrecht hingerichtet wurden.

 

Meine Risikodefinition meiner Anlagen zusammengefasst, in aufsteigender Reihenfolge:

 

Entwicklung des Unternehmens bzw. der Dividende Wahrscheinlichkeit
Die Dividendenerhöhung fällt geringer aus als erwartet häufig
Die Dividende bleibt gleich
eher gering
Die Dividende wird gekürzt
sehr gering
Die Dividende wird gestrichen
sehr selten
Das Unternehmen geht in die Insolvenz
hoffentlich nie



Nachdem ich meine Risikodefinition festgelegt habe, kann ich versuchen, die Einzelrisiken anhand der Auswahl meiner Investments möglichst zu minimieren. Sehr große Firmen mit einer langen Tradition gehen sehr selten pleite. Es kommt vor, aber nicht jeden Tag.


Ich vermeide weitestgehend extrem zyklische Branchen wie die Stahl- oder Autoindustrie. Daher sollten sich die Dividendenstreichungen doch sehr in Grenzen halten. Die Geschäfte werden immer Schwankungen aufweisen, das ist so und wird so bleiben. Bei weniger zyklischen Branchen sollten daher auch Kürzungen eher selten vorkommen.


Eine gleichbleibende Dividende ist schon eher der Fall, das ist nie auszuschließen, aber da ist man von einer Insolvenz noch weit entfernt.


Eine geringere Erhöhung der Dividende als erhofft, kommt des Öfteren vor, was aber nicht dazu führt, gleich alles in Frage zu stellen.


Zusammengefasst, sehe ich Kursschwankungen, vor allem wenn es den Gesamtmarkt betrifft, als absolut normal an und überflüssig, darüber groß nach zu denken. Es ändert sich dadurch für mich nichts. Die Kurse sind nur interessant, wenn ich zukaufen möchte. Würden mich Kurse großartig interessieren, wäre ich als Trader unterwegs und würde nicht einen Dividendenblog schreiben.


Ich möchte Euch nur ans Herz legen, bewusst die Börsensendungen zu verfolgen und Artikel in den Finanzblättern zu lesen. Es geht nur darum, warum der Kurs heute 2% rauf oder 2% runter ist. Alles läuft darauf hinaus, ob das Investment auf dem Papier gewonnen oder verloren hat. Eine reine Tradingbetrachtung und nur Momentaufnahmen. Kursziele und Stoppkurse sind auch sehr beliebt.  Mit langfristigem Investieren hat das absolut nichts zu tun, wäre aber für die Masse der Anleger wohl recht langweilig.


Kommentare: 4 (Diskussion geschlossen)
  • #1

    Michael C. Kissig (Montag, 18 Mai 2015 09:36)

    Sehr gute Einschätzung, Alex! Man muss sich der Risiken bei der Geldanlage in Aktien bewusst sein und diese vor einem Kauf ins Kalkül ziehen: nämlich, ob man das Geld zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt und ob es relativ sicher investiert wird. Hat man nur einen begrenzten, vielleicht sogar kurzen, Anlagezeitraum zur Verfügung, sollte man eher nicht in Aktien investieren, denn sollten die Kurse deutlich fallen, wäre man zum schlechtesten Zeitpunkt zum Verkauf gezwungen. Als Langfristanleger kann man das Aussitzen und ggf. eben zukaufen und mehr gute Aktien billig erwerben. Und man muss natürlich schauen, dass man solide und krisenfeste Unternehmen auswählt, um damit ein Insolvenzrisiko zu minimieren! Gelderhalt geht vor Rendite!

    Einen Hinweis habe ich noch: Du investierst ja viel in amerikanische Werte und erhältst Quartalsdividenden. Vielleicht solltest Du in Deiner Übersicht dann schreiben, dass Du Dich auf die Jahresdividenden beziehst? Denn dass die Quartalsdividenden gleich bleiben, ist ja sehr wahrscheinlich, denn viele Unternehmen passen einmal jährlich an, also nur an bei einer von vier Gelegenheiten. Auf Jahressicht wäre das eine Steigerung, auf Quartalssicht zumeist eben nicht.

  • #2

    Alexander (Montag, 18 Mai 2015 18:36)

    Ich habe nur Geld in Aktien, das ich nicht notwendig brauche. Theoretisch kann das die nächsten 100 Jahre liegen bleiben. Ich rate selbst Bekannten, wenn sie ihr Geld in 5 Jahren benötigen, das nicht in Aktien zu investieren. Man kann mit anderen Anlagen auch 3-5 % Rendite erwirtschaften.
    Ich bin mir auch bewusst, dass Coca-Cola, McDonalds usw. nicht mehr sonderlich wachsen werden, aber sie bieten relativ viel Sicherheit. Auch bin ich mir der Währungsschwankungen bewusst. Da sollte man sich schon auch Gedanken machen.

    Ich bin eigentlich schon davon ausgegangen, dass jeder weiß, das US-Firmen Quartalsdividenden zahlen und nicht wie deutsche Unternehmen einmal im Jahr. Aber Du hast ja treffend darauf hingewiesen :)

  • #3

    Christian (Dienstag, 19 Mai 2015 10:45)

    Guter Beitrag! Man kann das auch noch viel direkter ausdrücken: Für dich als Dividendeninvestor sind definitiv steigende Kurse das Risiko. Denn dann bekommst du sehr viel weniger Dividende für dein Geld. Das ist nicht anders als bei einem Anleihejünger. Erst in der Auszahlungsphase kann dir der Kurs egal sein. Von daher ist für dich der Risikobegriff, wie er in der Finanzwissenschaft verwendet wird, diametral umgedreht zu verwenden. Auch eine hohe Volatilität käme dir entgegen, denn auch dann tun sich immer wieder Kaufgelegenheiten auf. Eigentlich komisch, dass eine solche Sichtweise sich bei den Wirtschaftswissenschaftern noch nicht rumgesprochen hat.

    Ich persönlich bin da gespalten. Auf der einen Seite würde ich ja auch gerne meine Dividendenwerte möglichst billig aufstocken, andererseits habe ich Aktien, bei denen ich auf höhere Kurse spekuliere. Man kann halt nicht alles haben auf der Welt ...

  • #4

    Alexander (Dienstag, 19 Mai 2015 20:27)

    Die Sichtweise hat sich bestimmt rumgesprochen, aber langfristiges Anlegen ist im Grunde stinklangweilig. Und mit solchen Sachen kann man keine Schlagzeilen produzieren oder wissenschaftliche Aufsätze am laufenden Band raushauen.

    Ich bin da auch etwas gespalten, da in meinem Spieldepot der eine oder andere CFD schlummert, der durch Kursgewinne glänzt. Die Gewinne wandern dann aber ins Dividendendepot. Ein bisschen Nervenkitzel muss sein, aber sehr ernsthaft betreibe ich das Geschäft nicht und auch nur mit kleinen Summen.